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05.05.2009 16:53 Alter: 15 yrs
Von: Beate Bahner, Fachanwältin für Medizinrecht, Heidelberg

Kosten für Implantatbehandlung steuerlich absetzbar!

Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.11.2008, Az.: 2 K 5507/04


Gute Nachrichten für Zahnärzte und Patienten gleichermaßen: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat rechtskräftig entschieden, dass Kosten für Implantatbehandlungen steuerlich als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind. Geklagt hatte ein Patient, der innerhalb eines Jahres mehrere Implantatbehandlungen durchführen ließ, wofür Kosten in Höhe 14.000,- € entstanden waren. Von diesen Kosten hatte die private Krankenkasse des Patienten nur etwa 2.500,- € erstattet. Den darüber hinausgehenden Betrag von 11.500,- € wollte der Patient gegenüber dem Finanzamt als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen, um hierdurch eine entsprechende Reduzierung seiner Steuerlast zu erreichen. Das Finanzamt hatte von diesem Betrag lediglich 2.500,- € anerkannt. Die weiteren Kosten von 9.000,- € wurden demgegenüber vom Finanzamt nicht anerkannt.
Der Patient hatte sich hiergegen erfolgreich mit einer Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg gewehrt. Dieses hat in einem ausführlich begründeten Urteil präzisiert, dass es sich bei der Implantatbehandlung keinesfalls um Kosten der Lebenshaltung handle, die nicht abzugsfähig seien. Es handle sich auch nicht um ästhetische Maßnahmen, die rein optischen Zwecken dienten und damit das medizinische Maß des Notwendigen überschritten. Vielmehr entspreche die Implantatbehandlung dem heutigen medizinischen Standard und sei als Behandlungsmethode längst anerkannt.
Ohnehin könnten – so das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – die Kriterien der "medizinischen Notwendigkeit", wie sie im Kassenarztrecht oder bei der Beurteilung privatärztlicher Leistungen Anwendung finden, bei der steuerlichen Beurteilung nicht herangezogen werden. Es bleibe schließlich allein dem Patienten überlassen, in welchem Umfang und in welcher Art und Weise er sich behandeln lasse wolle, solange es sich um behandlungsbedürftige Indikationen handle. Der Verlust von Zähnen sei definitiv eine behandlungsbedürftige Indikation, weshalb ein Patient nicht auf die preiswertere Variante der herausnehmbaren Prothesen verwiesen werden dürfe.
Auch wenn die Krankenkassen – seien es die gesetzlichen oder die privaten - lediglich einen begrenzten Anteil der Kosten von Implantatbehandlungen übernehmen würden, so sei dies auf das Erfordernis der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens zurückzuführen. Davon unabhängig sei jedoch die Frage einer steuerlichen Anerkennung als "außergewöhnliche Belastung" im Sinne des Steuerrechts zu beurteilen.
Da der auf Implantaten festsitzende Zahnersatz funktionell eine andere und grundsätzlich die höherwertigere Form von Zahnersatz darstelle, der die Kaufähigkeit verbessere und eine Atrophie des Kieferknochens im Bereich der neu eingebrachten Zahnwurzeln verhindere, sei die Implantatbehandlung grundsätzlich als angemessen und medizinisch notwendig im steuerlichen Sinne zu bezeichnen.
Somit seien sämtliche Kosten, die einem Patienten durch die private Zuzahlung entsprechender Behandlungen entstünden, im steuerrechtlich als außergewöhnliche Belastung anerkennungsfähig und damit steuerlich absetzbar.

Anmerkung der Verfasserin

Dieses Urteil ist zu begrüßen und richtig. Es differenziert zu Recht zwischen der Frage der Erstattungsfähigkeit von Implantatbehandlungen durch die Krankenkassen und der Frage, ob und inwieweit die darüber hinaus gehenden individuell zu tragende Behandlungskosten steuerlich absetzbar sind.
Ob und inwieweit die Kosten der Implantatbehandlung nun tatsächlich die Steuerlast mindern, hängt allerdings von dem jeweils zu versteuernden Einkommen des Patienten, sowie davon ab, ob der Patient verheiratet ist und Kinder hat.
Denn die Kosten einer Krankenbehandlung sind nur insofern als "außergewöhnliche Belastung" im Sinne des § 33 EStG berücksichtigungsfähig, als eine bestimmte Belastungsgrenze überschritten wird. Die Vorschrift des § 33 EStG lautet wie folgt:
"Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird."
Die zumutbare Belastung beträgt beispielsweise bei einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 15.340,- € lediglich 1 % seines eigenen Einkommens, wenn der Steuerpflichtige mindestens drei Kinder hat. Krankheitskosten müssen daher in diesem Fall vom Patienten lediglich bis zu 154,30 € jährlich aus eigener Tasche finanziert werden. Die darüber hinausgehenden Implantatkosten können jedoch als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Ein Patient, der hingegen keine Kinder und nicht verheiratet ist, muss bei einem zu versteuernden höheren Einkommen von mehr als 51.130,- € Behandlungskosten bzw. Aufwendungen mit einem Prozentsatz von 7 % seines zu versteuernden Einkommens selbst tragen. Erst der darüber hinausgehende Betrag der Behandlungskosten kann steuerlich geltend gemacht werden und mindert nun das Einkommen und damit die Steuerlast.

Rechenbeispiel

Anbei ein Rechenbeispiel auf Basis von Behandlungskosten von 14.000,- €:
Hat der Patient also beispielsweise im Jahr 2008 ein zu versteuerndes Einkommen von 55.000,- €, so muss er Krankheitskosten in Höhe von sieben Prozent seines Einkommens aus eigener Tasche bezahlen, also einen Betrag von 3.850,- €. Den darüber hinausgehenden Betrag von 10.150,- € kann er jedoch als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Anstatt einer Einkommensteuer (inkl. Solibeitrag) von 16.021,- € reduzieren die Behandlungskosten das zu versteuernde Einkommen nun auf 44.850,- €, die Einkommensteuer reduziert sich auf 11.651,- €. Dies ist immerhin eine Steuerersparnis von 4.370,- €!  
Wenn und soweit eine private oder gesetzliche Krankenkasse einen Teil der Behandlungskosten übernimmt, reduziert sich freilich der Eigenanteil der Patienten entsprechend.

Tipp

Zahnärzte sollten im Rahmen ihrer Beratung also unbedingt darauf hinweisen, dass der vom Patienten zu tragende Eigenanteil grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt wird und daher bei der Steuererklärung angegeben werden soll.
Dieses Urteil dürfte auch die Patienten vermehrt dazu bewegen, sich zunehmend für Implantatbehandlungen zu entscheiden! Das Urteil ist im Ãœbrigen rechtskräftig geworden, obwohl das Finanzgericht ausdrücklich die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen hatte, da über die Frage der Absetzbarkeit von Implantatbehandlungen noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. Das Finanzgericht Berlin hat jedoch ganz offensichtlich auf entsprechende Rechtsmittel verzichtet.
Damit werden sich auch die Patienten anderer Bundesländer zunächst einmal auf dieses Urteil berufen können, falls entsprechende Kosten von ihrem jeweiligen Finanzamt nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden sollten.

Beate Bahner
www.beatebahner.de